2.
Episode / Ukraine
Huzulenland, Familie Marusjak
Das Land der Huzulen zählt spätestens seit dem Anfang des 20.
Jahrhunderts zu den durch die Literatur und später den Film am meisten
mythologisierten Gegenden der Karpaten. Den Anfang machte der polnische
Denker und Schriftsteller Stanislaw Vinzenz, der mit seinem Roman „Auf
der hohen Karpatenalm“ den Huzulen und ihrer archaischen Kultur
ein literarisches Denkmal setzte. In der Kinematografie machte der armenischukrainische
Regisseur Sergej Paradschanow mit seinem legendären „Schatten
vergessener Ahnen“ (1964), einer Romeo und Julia Geschichte unter
den Huzulen, das
kleine Karpatenvolk international bekannt. Heute
ringen die Huzulen um ihre traditionelle Hirtenkultur gegen die gleichmachenden
Einflüsse der westlichen Zivilisation. Es darf aber nicht verschwiegen
werden, dass die Sowjets in den 70 Jahren ihrer Herrschaft die sich durch
Individualität und Originalität auszeichnende Huzulenkultur
durch Kollektivierung der Landwirtschaft und politischen Druck fast zerstört
hatten. Unsere Protagonisten,
die Familie Marusjak, lebt oben auf der Karpatenalm in einem der wenigen
noch erhaltenen kunstvoll erbauten huzulischen Holzhäuser/ Holzhöfe.
Diese haben eine einmalige architektonische und landschafts-
bauliche Bedeutung. Die Marusjaks leben so gut wie autark auf ihrem auf
1000 Meter hoch gelegenen Hof.
Kalyna Marusjak: „Das Wetter und die Wölfe machen uns am meisten
zu schaffen und natürlich die Gesundheit. Ohne Gesundheit ist es sehr
schwer hier zu leben und zu arbeiten.“Mikola Marusjak: „Allein
kommst du hier nicht zu recht. Was wir schaffen, das machen wir auch. Was
nicht gemacht ist, das bleibt liegen.“
Kalyna: „Wir sind echte Huzulen, unsere Kinder und wir sind hier geboren
und aufgewachsen. Wenn man uns mit den Städtern vergleicht, die haben
Gas und fließend Wasser, sie haben deswegen keine Sorgen, und wenn
wir es warm haben wollen, müssen wir Holz und Wasser uns selbst besorgen.
Wir können mehr
aushalten als die Städter. Wenn es Schwierigkeiten im Leben gibt, diese
können wir eher überstehen als die Stadtmenschen. Wölfe bringen
uns Schaden. Wenn
sie unsere Lämmer reißen, haben wir umsonst gearbeitet. Die Arbeit
von Tagen und Monaten wird von den Wölfen in Augenblicken vernichtet.
Und davor haben wir Angst. Wir sind auch vom Wetter abhängig. Wenn
wir zum Beispiel das Heu nicht rechtzeitig einfahren, kann der Regen alles
vernichten. Wir hängen von vielem ab. Obwohl wir so hoch oben leben,
sind wir abhängig. Für das Leben hier müssen wir alles selbst
machen. Um das Brot zu backen, brauchen wir Mehl, die Kartoffeln und Rote
Beete pflanzen
wir
selber, ein Schwein haben wir auch, die Kühe geben Milch, und daraus
können wir viel machen. Quark und Käse, Buttermilch... damit haben
wir genügend zu essen. Wir kaufen nur Zucker und Öl im Laden,
alles andere müssen wir selbst erzeugen. Besonders in Winter, wenn
es uns zuschneit, dann würden wir ohne Vorräte verhungern.“